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Ein Blick auf die Mehrwertsteuer
Nimm ein Blatt Papier und schreibe darauf „MwSt.“. Drei Buchstaben, die wir alle schon unzählige Male gesehen haben – auf Kassenbons, Rechnungen oder in den Nachrichten. Und obwohl dieser Steuername kurz ist, sorgt er bei vielen Unternehmern für erhebliche Probleme.
Manche fragen sich sogar, ob die Mehrwertsteuer und die Umsatzsteuer zwei verschiedene Abgaben sind. Die Antwort ist einfach: Nein, es ist ein und dasselbe. Trotzdem hat gerade diese Steuer schon so manches Unternehmen in den Ruin getrieben – oft nur wegen falscher Auslegung der Vorschriften.
Was ist die Mehrwertsteuer?
„VAT“ bedeutet im Englischen „Value Added Tax“, auf Deutsch spricht man von der Mehrwertsteuer oder rechtlich korrekt von der Umsatzsteuer. Der Gedanke dahinter ist leicht erklärt: Stell dir vor, ein Produzent kauft Rohstoffe für 250 € ein. Darauf kommt die Mehrwertsteuer, die er an das Finanzamt abführen muss. Später verkauft er die fertige Ware an einen Händler – und wieder wird die Steuer berechnet. Schließlich kaufst du als Kunde das Produkt im Geschäft und zahlst einen Preis, in dem die Steuer bereits enthalten ist.
Man kann sagen, die Mehrwertsteuer begleitet fast jede Transaktion. Direkt siehst du sie nicht, weil sie im Preis steckt – aber sie ist fast immer dabei. Der Verkäufer behält sie nicht, sondern leitet sie an den Staat weiter. In der Praxis wird der Unternehmer so zum reinen Mittler zwischen Kunde und Finanzamt.
Warum hat der Staat dieses System überhaupt eingeführt? Der wichtigste Grund: eine stabile Einnahmequelle. Die Mehrwertsteuer macht einen der größten Teile der Steuereinnahmen aus. Ohne sie gäbe es kein Geld für Schulen, Straßen, Krankenhäuser oder andere öffentliche Leistungen.
Ob das gerecht ist? Darüber wird gestritten. Einerseits zahlt jeder denselben Prozentsatz – egal ob arm oder reich. Andererseits spürt jemand mit kleinem Einkommen die Steuer auf Brot oder Kartoffeln deutlich stärker als jemand, der ein Vielfaches verdient.
Am Ende bleibt festzuhalten: Die Mehrwertsteuer ist eine allgegenwärtige, fast unsichtbare Steuer. Du kaufst jeden Tag etwas – und jeden Tag zahlst du sie mit.
Was ist die Umsatzsteuer?
Die Umsatzsteuer ist einfach die offizielle deutsche Bezeichnung für die Mehrwertsteuer (MwSt.). In Gesetzen und amtlichen Dokumenten findet man fast immer den Begriff Umsatzsteuer. Im Alltag, bei Buchhaltern oder Händlern, sagt man dagegen kurz Mehrwertsteuer oder einfach MwSt.
Es gibt also keine zwei verschiedenen Steuern – „Mehrwertsteuer“ und „Umsatzsteuer“ sind nur zwei Namen für dieselbe Abgabe.
Beispiel für die Berechnung der Mehrwertsteuer
Am leichtesten versteht man das Prinzip an Zahlen. Nehmen wir an, ein Produzent verkauft eine Ware für 1.000 € netto. Darauf kommen 19% MwSt., also 190 €. Der Bruttoverkaufspreis beträgt somit 1.190 €.
Doch damit endet es nicht – die Ware gelangt über Zwischenhändler bis in den Einzelhandel. Jeder schlägt eine Marge von z. B. 10% auf und berechnet erneut die Umsatzsteuer. Schritt für Schritt sieht das so aus:
Produzent
- Netto: 1.000 €
- MwSt. 19%: 190 €
- Brutto: 1.190 €
Zwischenhändler Nr. 1
- Einkauf: 1.000 € netto
- +10% Marge → 1.100 € netto
- MwSt. 19%: 209 €
- Brutto: 1.309 €
Zwischenhändler Nr. 2
- Einkauf: 1.100 € netto
- +10% Marge → 1.210 € netto
- MwSt. 19%: 229,90 €
- Brutto: 1.439,90 €
Einzelhändler
- Einkauf: 1.210 € netto
- +10% Marge → 1.331 € netto
- MwSt. 19%: 252,89 €
- Brutto: 1.583,89 €
Endkunde
- bezahlt 1.583,89 € brutto
- darin enthalten: 252,89 € MwSt.
Man erkennt sofort: Die Steuer wird auf jeder Stufe berechnet, aber am Ende trägt sie immer der Verbraucher. Hersteller, Zwischenhändler und Laden geben die Mehrwertsteuer nur durch – bis sie schließlich beim Finanzamt landet.
Deshalb nennt man sie auch indirekte Steuer. Man sieht sie im Geschäft nicht direkt (außer auf der Rechnung), aber sie steckt in jedem Preis, den man zahlt.

Umsatzsteuer – Vorsteuer und Umsatzsteuerzahllast
Als Konsument zahlst du die Mehrwertsteuer einfach im Endpreis. Wenn du jedoch ein Unternehmen führst, sieht es etwas anders aus. Es gibt zwei Begriffe: Umsatzsteuer (fällig) und Vorsteuer.
Umsatzsteuer (fällig) – das ist die Steuer, die du deinen Kunden berechnest, wenn du Waren oder Dienstleistungen verkaufst. Du stellst eine Rechnung aus und schlägst z. B. 19 % MwSt. auf. Diese Steuer musst du anschließend an das Finanzamt abführen.
Vorsteuer – das ist die Steuer, die du selbst bei deinen Einkäufen gezahlt hast. Kaufst du beispielsweise einen Computer für 2.000 € netto + 380 € MwSt., dann ist diese Steuer deine Vorsteuer, weil du sie bereits an deinen Lieferanten gezahlt hast.
Das Entscheidende: In deiner Umsatzsteuervoranmeldung darfst du die Vorsteuer von der fälligen Umsatzsteuer abziehen. Du überweist dem Finanzamt also nur die Differenz.
Beispiel:
- Du verkaufst Waren für 10.000 € netto. Darauf kommen 1.900 € MwSt. – das ist deine fällige Umsatzsteuer.
- Im selben Monat kaufst du Materialien für 4.000 € netto + 760 € MwSt. – das ist deine Vorsteuer.
- An das Finanzamt überweist du die Differenz: 1.900 € – 760 € = 1.140 €.
Darum legen Unternehmer so großen Wert auf ordentliche Eingangsrechnungen. Jede Vorsteuer senkt die Steuerlast, die ans Finanzamt gezahlt werden muss.
Was wäre, wenn es keine Vorsteuer gäbe?
Stell dir vor, Unternehmen dürften keine Vorsteuer aus ihren Einkäufen abziehen. Dann müsste ein Betrieb die gesamte Umsatzsteuer abführen, egal wie viel er selbst schon gezahlt hat. In unserem Beispiel wären das die vollen 1.900 €, obwohl beim Einkauf bereits 760 € an Steuer angefallen sind.
Die Folge: eine doppelte Besteuerung auf jeder Handelsstufe. Produkte würden deutlich teurer, weil die Unternehmen sämtliche Mehrbelastungen an die Endkunden weitergeben müssten. Das System wäre damit viel ungerechter und würde Investitionen stark bremsen.
Und wenn die Vorsteuer höher ist als die Umsatzsteuer?
Es kann auch umgekehrt laufen – etwa wenn du gerade erst gründest und hohe Investitionen tätigst. Angenommen, du kaufst Möbel, Geräte und Materialien und zahlst dabei 5.000 € Vorsteuer. Verkäufe hast du erst wenige, sagen wir 2.000 € netto + 380 € MwSt.. Deine fällige Umsatzsteuer beträgt also nur 380 €.
Rechnung: 380 € – 5.000 € = –4.620 €.
Das heißt, du hast einen Vorsteuerüberschuss. Und jetzt?
- Du kannst ihn ins nächste Quartal übertragen und damit zukünftige Zahlungen senken.
- Oder du beantragst die Erstattung beim Finanzamt – wobei es hier meist eine gründliche Prüfung gibt.
Deshalb holen sich Bauunternehmen oder Start-ups oft große Beträge zurück, wenn sie am Anfang hohe Kosten haben.
Umsatzsteuerkarusselle
Genau an dieser Differenz zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer setzen die größten Steuerbetrügereien an. Wie funktioniert das?
- Firma A stellt Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer aus.
- Firma B kauft „die Ware“ und zieht diese Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.
- Später stellt sich heraus: Die Ware existierte nie oder Firma A verschwindet, ohne die Steuer ans Finanzamt zu zahlen.
- Firma B hat aber ihre Vorsteuer geltend gemacht und Geld aus dem System gezogen.
Das nennt man Umsatzsteuerkarussell. Typischerweise „kreisten“ dabei Elektronik, Treibstoffe oder Schrott zwischen Scheinunternehmen. Am Ende waren es nur Papierbewegungen, aber die Staaten mussten Milliarden zurückerstatten. Darum gilt: Die Umsatzsteuer ist zwar ein wichtiges Fundament der Staatsfinanzen, doch gleichzeitig eines der anfälligsten Systeme für Missbrauch.
Aktuelle Mehrwertsteuersätze in Deutschland
Zunächst die harten Fakten – in Deutschland gibt es heute drei zentrale Mehrwertsteuersätze:
- 19 % – der reguläre Satz, der für die meisten Waren und Dienstleistungen gilt.
- 7 % – der ermäßigte Satz, z. B. für Lebensmittel, Bücher, Zeitungen, Fahrkarten im Nahverkehr oder Hotelübernachtungen.
- 0 % – bei bestimmten grenzüberschreitenden Leistungen und beim Export in Länder außerhalb der EU.
Darüber hinaus existieren auch Befreiungen von der Umsatzsteuer, zum Beispiel für kleine Unternehmen oder für bestimmte Leistungen im medizinischen und Bildungsbereich.
Steuer – was ist das eigentlich?
Was genau ist eigentlich eine Steuer? Am einfachsten lässt es sich so sagen: Eine Steuer ist eine verpflichtende Geldleistung an den Staat. Man zahlt sie nicht, weil man möchte, sondern weil man gesetzlich dazu verpflichtet ist. Und wichtig: Man bekommt dafür keine direkte Gegenleistung.
Heißt das, das Geld verschwindet einfach? Nein. Mit diesen Mitteln finanziert der Staat Dinge, die du allein niemals stemmen könntest: Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Polizei, Armee, öffentlichen Nahverkehr oder auch soziale Programme – all das funktioniert nur durch Steuereinnahmen.
Man kann also sagen: Eine Steuer ist eine Art „Beitrag“ für das gemeinsame Funktionieren der Gesellschaft. Jeder gibt etwas dazu, und im Gegenzug profitieren wir alle von Infrastruktur und öffentlichen Leistungen.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei große Gruppen:
- Direkte Steuern – sie werden unmittelbar auf Einkommen oder Gewinne erhoben, zum Beispiel Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer.
- Indirekte Steuern – sie sind im Preis von Waren und Dienstleistungen enthalten, zum Beispiel Mehrwertsteuer oder Energiesteuer.
Warum gehört die Mehrwertsteuer zu den indirekten Steuern? Weil du sie als Verbraucher nicht direkt an das Finanzamt überweist. Du zahlst sie an der Kasse, und das Unternehmen führt sie anschließend an den Staat ab. Oft wird kritisiert, dass die Mehrwertsteuer eine regressive Steuer sei – also eine Abgabe, die Menschen mit geringem Einkommen verhältnismäßig stärker belastet als Wohlhabende.
Am Ende lässt sich festhalten: Steuern sind ein verpflichtender Beitrag zum Leben in einer Gemeinschaft. Beliebt sind sie selten, aber ohne sie könnte kein Staat dauerhaft bestehen.
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